Jetzt wackelt die
Riester-Rente
Nur ,,AAA" im Versicherer-Rating bedeutet maximale Sicherheit
Von Jürgen H. Wintermann
Düsseldorf - Nach dem Debakel um die gesetzliche Rente wackelt jetzt auch die
Riester-Rente. Manche Lebensversicherer, die Riester-Produkte anbieten, sind
finanziell zu schwach, um ihre attraktiven Leistungsversprechen, darunter
jährlich vier bis fünf Prozent Überschussbeteiligung, in 30 oder 40 Jahren auch
einlösen zu können. Ohne Gewinnbeteiligung aber erreicht die Riester-Rente kaum
die Hälfte der zugesagten Höhe.
Die Rating-Agentur
S & P Standard & Poor's trennt jetzt
gnadenlos die Spreu vom Weizen. Nur zwei Lebensversicherer - Victoria und Hamburg-Mannheimer -
schafften die Glanznote AAA. Andere, darunter Hannoversche Leben und HUK
Coburg, sollen noch in diesem Jahr in Richtung C-Kategorie abgestuft werden,
verrät ein S-&-P-Manager, was "sehr
schwache" bis "extrem schwache" Finanzkraft heißt.
Ein Alarmsignal für den
Versicherungskunden. Bisher interessierten ihn nur Produkt, Preis und Service.
Die Frage, wie sicher Leistungsversprechen in der Zukunft wirklich sind,
spielte keine Rolle. Das ändert sich nun, vor allem mit Blick auf langfristige
Produkte wie die Riester-Rente. Schon der mit der Deregulierung des
EU-Versicherungsmarkts inszenierte Wettbewerb hat manchen Anbieter zu
überzogenen Leistungsversprechen verleitet, die er mangels Gewinn schon jetzt
nicht mehr einhalten kann.
Spektakulär ist das
erstmalige Eingreifen des Bundesaufsichtsamts in die riskante Anlagepolitik
einiger deutscher Versicherer wie Hannover Leben. Die Hannoveraner müssen nach
fehlgeschlagenen Aktienspekulationen jetzt wohl empfindliche Abstriche an der
Überschussbeteiligung machen. Die stillen Reserven sind weit gehend
abgeschmolzen, und das Bundesaufsichtsamt hat den Verkauf von Aktien
angeordnet. Finanzvorstand Bernd Meißner wurde in die Wüste geschickt.
Hannover Leben ist nicht
der einzige Fall für die Aufsicht. "In der jetzigen kritischen Situation
am Aktienmarkt redet das Amt mit vielen Unternehmen", bestätigt der neue
Finanzvorstand Tim Kettemann. Und das dazu befragte Aufsichtsamt sieht sich
nicht zu einem Dementi veranlasst. Das alles nährt Zweifel an der
Verlässlichkeit mancher Lebensversicherer.
Mit objektiven
Bewertungsmaßstäben für die Zuverlässigkeit der einzelnen Lebensversicherer
bietet die Rating-Agentur S & P den Kunden bei
der Partnersuche zur Riester-Rente deshalb wertvolle Entscheidungshilfe.
"Schwarze Schafe" werden erkennbar. Fest steht bisher nur, dass
Victoria und Hamburg-Mannheimer ihre Traumnote AAA behalten werden. Sie
verfügen über große stille Reserven, um auch in Immobilien- und Börsenflauten
die Rendite ihrer Produkte garantieren zu können. Eigentlich gehört zu diesen
Würdenträgern auch die Allianz. Sie hatte ihr Tripple-A
verloren, als sie sich die Dresdner Bank einverleibte. Banken tragen
üblicherweise höhere Risiken, was S & P zur Abstufung auf ein immer noch
exzellentes "AA+" veranlasste.
Nicht nur am Kapitalmarkt,
sondern auch im Versicherungsgeschäft wachsen die Risiken. Im letzten Jahrzehnt
fand bei Neuabschlüssen eine starke Produktverschiebung hin zu Risiken statt,
die mit der immer höheren Lebenserwartung der Bevölkerung im Zusammenhang
stehen. Allein der Anteil der privaten Rentenversicherungen stieg bei
Neuabschlüssen von 2,5 auf 19,3 Prozent. Zugleich hat die auch risikoträchtige
Berufsunfähigkeitsversicherung stark zugenommen. Wegen dieser
risikoträchtigeren Portfoliostruktur dürfte der Kunde die vom Rating testierte nachhaltige Finanzkraft seiner
Versicherung künftig sogar zum dominierenden Entscheidungsfaktor machen.